Basisgeschwindigkeitsdruck Berechnung (für die Windlast)
Die Berechnung des Basisgeschwindigkeitsdrucks ist der 1. Schritt der Berechnung der Windlast auf Dächer, Wände und Brücken. 💨🌬️
In diesem Blogpost zeigen wir, Schritt-für-Schritt, wie Du den Basisgeschwindigkeitsdruck nach Eurocode berechnest. 🧮🔢
Bevor wir mit den Berechnungen anfangen, sollten wir erklären, wofür wir den Basisgeschwindigkeitsdruck brauchen. 🤔🤔
Quick facts:🔥🔥
Der Basisgeschwindigkeitsdrucks beinhaltet viele Parameter über den Standort, die Höhe des Gebäudes, die Topografie der Umgebung, etc. Die Einheit ist in kN/m2, und wir brauchen den Basisgeschwindigkeitsdruck, um die Windkraft auf Tragwerke zu berechnen.
Lasst uns mit den Berechnungen starten. 🚀🚀
Übrigens! Im Englischen heißt der Basisgeschwindigkeitsdruck peak velocity pressure.
Basisgeschwindigkeitsdruck Berechnungsschritte
- Höhe des Gebäudes
- Grundwert der Basiswindgeschwindigkeit vb.0
- Topographiebeiwert c0
- Turbulenzfaktor kl
- Luftdichte $\rho$
- Referenzhöhe der Geländekategorie II z0.II
- Rauhigkeitslänge z0
- Geländefaktor kr
- Turbulenzintensität Iv
- Rauhigkeitsbeiwert cr
- Mittlere Windgeschwindigkeit vm
- Basisgeschwindigkeitsdruck qp
Im Folgenden schauen wir uns jeden der #12 Schritte gemeinsam an. 🔍🔎
1. Geometrie des Bauwerks
In unseren Blogposts verwenden wir gerne Beispiele.
Dieses Mal werden wir den Basisgeschwindigkeitsdruck für ein Bürogebäude aus Betonfertigteilen berechnen. Das Material spielt bei dieser Berechnung keine Rolle.
Wir verwenden nur die Abmessungen des Gebäudes.
Dem Bild können wir entnehmen, dass das Gebäude die folgende Höhe hat. 👇👇
Höhe über dem Boden | z = 17.1m |
2. Grundwert der Basiswindgeschwindigkeit vb.0
EN 1991-1-4 1.6.1 beschreibt, dass der Grundwert der Basiswindgeschwindigkeit einen 10-Minuten-Mittelwert in 10 m Höhe über Grund und im freien Gelände darstellt, der die Jahresrisiken und einige weitere Parameter einschließt.
Die genaue Definition findest Du im genannten Eurocode-Abschnitt.
Diesen Wert finden wir im nationalen Anhang.
Oder: Wir verwenden den Windgeschwindigkeitsrechner der Dlubal Software GmbH. Klick hier um den Online-Rechner zu öffnen. 👇👇
1. Schritt: Wähle Wind aus
2. Schritt: Wähle den richtigen nationalen Anhang
3. Schritt: Gebe den Ort des Bauwerks ein
Btw, Betzigau ist der Ort, in dem ich aufgewachsen bin. ✌️😄
Also, für ein Bürogebäude, das in Betzigau, Deutschland, gebaut wird, erhalten wir einen Grundwert der Basiswindgeschwindigkeit von
$$v_{b.0} = 22.5 \frac{m}{s}$$
3. Topographiebeiwert c0
EN 1991-1-4 4.3.1 (1) empfiehlt den Topographiebeiwert als 1.0 anzunehmen.
$$c_{0} = 1.0 $$
❗
Aufpassen: Dieser Wert kann im nationalen Anhang anders definiert sein. Also immer überprüfen, ob der Wert aus dem Eurocode verwendet werden kann.
4. Turbulenzfaktor kl
Auch hier empfiehlt EN 1991-1-4 4.4 (4.7), den Turbulenzfaktor mit 1,0 anzusetzen.
$$k_{l} = 1.0 $$
❗
Aufpassen: Auch dieser Wert kann im nationalen Anhang anders definiert sein. Überprüfe immer, ob der Wert aus dem Eurocode verwendet werden kann.
5. Luftdichte $\rho$
Der empfohlene Wert für die Luftdichte ist in EN 1991-1-4 4.5 (1) angegeben und beträgt 1,25 kg/m3.
$$\rho = 1.25 \frac{kg}{m^3} $$
6. Referenzhöhe von Geländekategorie II z0.II
Die Referenzhöhe der Geländekategorie II wird zur Berechnung des Geländefaktors $k_{r}$ verwendet. Den Wert finden wir in EN 1991-1-4 Tabelle 4.1.
$$z_{0.II} = 0.05 m$$
7. Rauhigkeitslänge z0
Die Rauhigkeitslänge wird zur Berechnung des Geländefaktors kr verwendet.
Der Wert hängt von der Geländekategorie ab, in der sich unser Gebäude oder Bauwerk befindet. Den Wert finden wir auch in EN 1991-1-4 Tabelle 4.1.
In unserem Beispiel gehen wir davon aus, dass sich unser Bürogebäude in einem vorstädtischen Gelände mit regelmäßiger Bebauung befindet.
Daher fällt das Gebäude in die Geländekategorie III.
$$z_{0} = 0.3 m$$
Man kann diesen Wert allerdings auch genauer analysieren und für jede Himmelsrichtung bestimmen, um die Windlast zu optimieren.
8. Geländefaktor kr
Die Formel ist in EN 1991-1-4 (4.5) gegeben.
$$k_{r} = 0.19 \cdot (\frac{z_{0}}{z_{0.II}})^{0.07}$$
Das Einsetzen der Werte von $z_{0.II}$ und $z_{0}$ führt zu
$$k_{r} = 0.19 \cdot (\frac{0.3m}{0.05m})^{0.07} = 0.215$$
9. Turbulenzintensität Iv
Die Turbulenzintensität wird mit EN 1991-1-4 (4.7) berechnet.
$$I_{v} = \frac{k_{1}}{c_{0} \cdot ln(\frac{z}{z_{0}})}$$
Einsetzen der Werte führt zu:
$$I_{v} = \frac{1.0}{1.0 \cdot ln(\frac{17.1m}{0.3m})} = 0.247$$
10. Rauhigkeitsbeiwert cr
Der Rauhigkeitsbeiwert wird mit EN 1991-1-4 (4.4) berechnet:
$$c_{r} = k_{r} \cdot ln(\frac{z}{z_{0}})$$
Dies führt zu einem Rauhigkeitsbeiwert von:
$$c_{r} = 0.215 \cdot ln(\frac{17.1}{0.3m}) = 0.871$$
11. Jahreszeitenbeiwert cseason
Das Prinzip des Jahreszeitenfaktors besteht darin, dass die Windlast verringert werden kann, weil der Wind in manchen Monaten weniger stark weht.
Wenn man ein vorübergehendes Tragwerk wie ein Zelt oder eine Überdachung entwerft, die für einen kurzen Zeitraum aufgebaut und nach ein paar Wochen wieder abgebaut wird, könnte man wahrscheinlich den Jahreszeitenbeiwert $c_{Saison}$ verwenden und die Windlast reduzieren.
Dieser Faktor ist von den Monaten abhängig, in denen das Tragwerk dem Wind standhalten muss.
Wenn Du ein Bauwerk für verschiedene Bauzustände entwerfst, kann man evtl. auch $c_{Saison}$ verwenden.
In unserem Blogpost entwerfen ein Bürogebäude, das NICHT vorübergehend ist, und daher wird $c_{season}$ mit 1,0 angesetzt und kann bei den Berechnungen weggelassen werden.
$$c_{season} = 1.0$$
❗
Aufpassen: Auch dieser Wert kann im nationalen Anhang anders definiert sein. Überprüfe immer, ob der Wert aus dem Eurocode verwendet werden kann.
12. Richtungsfaktor cdir
Das Prinzip des Richtungsfaktors besteht darin, dass der Wind aus bestimmten Richtungen weniger stark bläst und daher der Basisgeschwindigkeitsdruck und damit die Windlast für diese Richtungen reduziert werden können.
Der empfohlene Wert für den Richtungsfaktor ist in EN 1991-1-4 4.2 Anmerkung 2 mit 1.0 angegeben.
Es wird jedoch auch auf den nationalen Anhang verwiesen, der cdir definieren kann.
$$c_{dir} = 1.0$$
In den weiteren Berechnungen wird cdir nicht berücksichtigt, da ein Wert von 1,0 den Basisgeschwindigkeitsdruck weder erhöht noch verringert.
13. Mittlere Windgeschwindigkeit vm
Die mittlere Windgeschwindigkeit wird mit EN 1991-1-4 (4.3) berechnet:
$$v_{m} = c_{r} \cdot c_{0} \cdot v_{b.0}$$
Einsetzen der Werte führt zu folgendem Ergebnins:
$$v_{m} = 0.871 \cdot 1.0 \cdot 22.5 \frac{m}{s} = 19.6 \frac{m}{s} $$
Jetzt können wir den Basisgeschwindigkeitsdruck berechnen. 👍👍
14. Basisgeschwindigkeitsdruck qp
Der Basisgeschwindigkeitsdruck wird mit der Formel EN 1991-1-4 (4.8) berechnet:
$$q_{p} = [1 + 7 \cdot I_{v}] \cdot \frac{1}{2} \cdot \rho \cdot v_{m}^2$$
Einsetzen der Werte führt zu folgendem Ergebnis:
$$q_{p} = [1 + 7 \cdot 0.247] \cdot \frac{1}{2} \cdot 1.25\frac{kg}{m3} \cdot (19.6 \frac{m}{s})^2 = 0.66 \frac{kN}{m^2}$$
Zusammenfassung
Und genau das machen wir detailiert in folgenden Artikeln: 👇👇
- Windlast Berechnung auf Wände
- Windlast Berechnung auf Flachdächer
- Windlast Berechnung auf Satteldächer
- Windlast Berechnung von Bogentragwerken
Basisgeschwindigkeitsdruck FAQ
Der Basisgeschwindigkeitsdruck wird mit Formeln aus dem Eurocode EN1991-1-4 berechnet.
Je höher ein Bauwerk ist, desto größer ist der Basisgeschwindigkeitsdruck. Allerdings kann der berechnete Basisgeschwindigkeitsdruck bzw. Windlast durch CFD Berechnungen oder einen Windtunneltest oftmals reduziert werden.